Konstruktiver Methodenmissbrauch: Mit einem UX Tool zum lösungsfokussierten Feedbackformat
Lösungsfokussiertes Feedback mit der Empathy Map
Ende letzten Jahres wurde ich von einer Führungskraft gebeten, mit ihrem Team Feedback zu ihrer Arbeit als Führungskraft zu erarbeiten. Das dabei entstandene Format möchte ich in diesem Artikel mit euch teilen.
Nach besagter Anfrage war die Herausforderung zuerst ein passendes Konzept für die Sitzung zu entwickeln. Dabei habe ich die üblichen Verdächtigen, wie beispielsweise unsere Feedbackretrospektive, das BAHN Modell und andere Werkzeuge gewälzt. Irgendwie hat mich aber in diesem speziellen Fall nichts davon so richtig begeistert.
Ich hatte mich dann daran erinnert, wie ein befreundeter Coach in einem gemeinsam gegebenen Training vor mittlerweile 6 Jahren spontan ein UX Werkzeug eingesetzt hat, um damit etwas zu tun, was eigentlich etwas um die Ecke gedacht war. Der Gedanke, dass dieses Werkzeug, nämlich die Empathy Map, hier vielleicht auch Potenzial hat, ließ mich dann nicht mehr los.
Die Empathy Map kommt ursprünglich von der Firma XPLANE und wird im Buch Gamestorming im Detail beschrieben. Mir begegnet sie häufig im Zusammenhang der Erarbeitung von Personas. Die Empathy Map lädt dazu ein, sich in eine Zielgruppe hineinzuversetzen und besser zu verstehen, wie der Alltag dieser Zielgruppe aussieht. Daraus lassen sich dann verschiedene Schlüsse ziehen. Offensichtlich eher ein UX Werkzeug.
Warum sollte man dieses Werkzeug nicht auch einsetzen können, um sich in eine beliebige Rolle hineinzuversetzen, beispielsweise den eigenen Chef. Und warum sollte sie nicht dazu dienen können, einen Ziel- oder Wunschzustand greifbarer zu machen, statt über den Istzustand zu reden? Dieser Gedanke hat mich dann dazu veranlasst, das so anzugehen.
Damit konstruktives Feedback entsteht, hat mir dabei noch etwas methodischer Rahmen „außen rum“ gefehlt. Im Lösungsfokus beginnt man auch mit einem Zielzustand. Dann schätzt man mittels einer einfachen Wertung ein, wie man in Bezug auf dieses Ziel heute steht (häufig mit einer Skala von 1 bis 10). Anschießend leitet man aus der Wertung ab, was schon da ist, schon gut ist oder schon funktioniert. Zuletzt macht man sich Gedanken was sich ändern müsste, um näher an das Ziel zu kommen, beziehungsweise eine höhere Wertung zu erreichen. Gefühlt passte das ziemlich gut zusammen.
Ich habe dieses Konzept dann so vorgeschlagen und konnte es in Folge auch so durchführen. Den Ablauf habe ich mir in einem Miro Board zurechtgelegt (Download hier). Dabei half mir übrigens das Feature „Frames verstecken“ zu können, damit die Teilnehmer nicht vorausdenken, sondern sich voll auf den aktuellen Schritt konzentrieren können.
Für den Rahmen ist wichtig, dass man den Teilnehmern am Anfang klar macht, dass es sich nur um Feedback handelt und die Führungskraft nicht verpflichtet ist, allen Wünschen zu folgen, sondern dies selbst bewerten kann. Begonnen haben wir inhaltlich dann natürlich mit der Empathy Map. Meine Moderation sah dazu ungefähr so aus:
- Stellt euch mal eure ideale Führungskraft vor. (Kurze Pause)
- Was führt in eurer Interaktion mit dieser idealen Führungskraft dazu, dass ihr sie als ideal wahrnehmt? (Kurze Pause)
- Was soll/muss/kann/darf eure ideale Führungskraft im Alltag sagen, tun, denken, fühlen, sehen und hören, um ihren Job besonders gut zu machen? (Brainstorming ca. 5-10 Minuten)
Für die weiteren Schritte habe ich eine Skala von 1-10 vorbereitet, wobei 10 den perfekten Zustand bedeutet. Jeder durfte seine Schachfigur auf die Skala setzen. Dieser Schritt geht in der Regel fix.
Dann kam, wie schon erwähnt, die Frage „Was ist schon da?“. Auch hier gibt es erfahrungsgemäß keine besonderen Schwierigkeiten. Eine ergänzende Frage kann sein „Verglichen mit dem eben erzeugten Zielbild, was macht X schon richtig gut, was euch auch zu eurer Wertung veranlasst hat?“.
Für den letzten Schritt bitte ich die Teilnehmer, sich die Führungskraft auf einem Weg vorzustellen, der zu dem gemeinsam gestalteten Ziel führt. Aktuell steht sie ungefähr da, wo wir auch die Wertung auf der Skala platziert haben. Dann frage ich „Welche Schritte liegen direkt vor X? Was muss sie als Nächstes angehen, damit sie auf dem Weg vorankommt und ihr beim nächsten Mal höher wertet?“.
Das hat sehr gut funktioniert. Für die Führungskraft ist das Format schön, da sie besser verstehen kann, was sich ihr Team als Idealbild vorstellt. Sie bekommt konkrete Punkte genannt, was das Team an ihrer Arbeit besonders schätzt und welche Veränderungen aus Sicht des Teams eine noch bessere Zusammenarbeit bedingen würden. Eine gute Grundlage für weitere Gespräche und gemeinsame Experimente.
Beim nächsten Mal würde ich mit etwas mehr Zeit allerdings noch zwei Fragen ergänzen, um das Feedback noch wertvoller zu machen. Bei Schritt 3, also „Was ist schon da?“, würde ich noch fragen „Und wie wirkt sich das konkret auf euch aus?“, damit nicht nur die Tätigkeiten und Beiträge genannt werden, sondern auch die Wirkung, die dadurch beim Team entsteht. In selber Weise würde ich beim letzten Schritt noch fragen „Und welche Wirkung versprecht ihr euch konkret von diesen Änderungen?“. Damit hat haben die Empfänger des Feedbacks noch mehr Informationen ihre Wirkung auf ihr Team greifen zu können.
Insgesamt bin ich zufrieden und werde das Format mit Sicherheit in Zukunft noch häufiger einsetzen. Was denkt ihr darüber? Was würdet ihr weglassen, ergänzen oder verändern beim lösungsfokussiertes Feedback mit der Empathy Map? Lasst mir einen Kommentar da oder schreibt mir eine E-Mail.